Zwischen Boom und Entwertung: Wie der neue Nullzins der SNB das Spiel für nicht-börsennotierte Investments verändert
03.07.2025

Die Schweizerische Nationalbank hat ihren Leitzins am 20. Juni 2025 zum zweiten Mal in diesem Jahr gesenkt, von zuvor 0.25 Prozent auf nunmehr 0.00 Prozent. Damit kehrt die Schweiz in eine Phase zurück, die viele für überwunden hielten: geldpolitische Nullzinsen in einem wirtschaftlich angespannten Umfeld. Für den klassischen Anleger mag das auf den ersten Blick wie eine gute Nachricht erscheinen. Tiefere Zinsen bedeuten tiefere Finanzierungskosten. Doch aus Investorensicht ist diese Entwicklung vor allem eines: eine stille Entwertung traditioneller Anlageformen. Und sie zwingt zu einem grundlegenden Umdenken.
Der neue Nullzins bedeutet, dass sicherheitsorientierte Anlagen wie Sparkonten, Anleihen oder strukturierte Zinsprodukte faktisch keine reale Rendite mehr liefern, insbesondere nicht nach Abzug der Inflation. Selbst wenn die Teuerung momentan niedrig ist, bleibt das langfristige Problem bestehen. Kapital, das passiv geparkt wird, verliert an Kaufkraft. Für konservative Anleger, die jahrzehntelang auf eine Mischung aus Liquidität, Zinserträgen und Werterhalt gesetzt haben, entsteht daraus ein massives strategisches Vakuum.
Vor diesem Hintergrund gewinnen nicht-börsennotierte Beteiligungen wieder deutlich an Bedeutung. Wer sich an operativen Unternehmen beteiligt, sei es über Private Equity oder direkte KMU-Engagements, setzt nicht auf Zinsen, sondern auf reale Wertschöpfung. Hier stammt der Ertrag nicht aus dem Finanzmarkt, sondern aus dem Produktivitätszuwachs eines Unternehmens, also aus wachsendem Umsatz, verbesserter Effizienz, steigender Marge oder langfristiger Marktpositionierung. Mit anderen Worten: aus dem echten Wirtschaftskern.
Gerade in der Schweiz ist dieses Modell besonders interessant. Viele kleinere und mittlere Unternehmen verfügen über gesunde Bilanzen, geringe Fremdfinanzierungsquoten und stabile Kundennetzwerke. Sie sind nicht abhängig vom Zinsumfeld, im Gegenteil. Sinkende Zinsen senken ihre Refinanzierungskosten und erhöhen den Druck auf Grossanleger, Alternativen zur Bankeinlage zu finden. Das Kapital, das früher still auf Festgeld lag, sucht nun sinnvolle Verwendung und findet sie immer häufiger im Beteiligungsmarkt.
Zugleich wirkt der starke Franken als doppelter Katalysator. Einerseits steigen die Importvorteile für Schweizer Unternehmen, etwa bei Rohstoffen oder Zulieferungen. Andererseits sinkt die Inflationsgefahr im Inland, was die Kaufkraft stabilisiert. In dieser Kombination aus stabiler Binnenwirtschaft, starkem Konsum und geldpolitischem Spielraum entsteht ein Investitionsumfeld, das wie gemacht ist für substanzielle Beteiligungen. Kein Zufall also, dass vermehrt Family Offices, Pensionskassen und vermögende Privatinvestoren gezielt auf Schweizer KMU setzen, statt auf anonyme Fonds oder volatile Aktienmärkte.
Natürlich sind nicht-börsennotierte Anlagen mit anderen Bedingungen verbunden. Es braucht Geduld, Verständnis für unternehmerische Zyklen und die Bereitschaft, Kapital über mehrere Jahre zu binden. Doch das Risiko, das viele in dieser Illiquidität sehen, ist in Wahrheit oft geringer als dasjenige eines unberechenbaren Finanzmarktes. Wer sich an einem guten Unternehmen beteiligt, das greifbare Werte schafft, reduziert die Abhängigkeit von Zinspolitik, geopolitischen Schocks oder kurzfristigen Marktbewegungen erheblich.
Der neue Nullzins der SNB ist kein Zufall, sondern Ausdruck eines strukturellen Wandels. Die klassische Welt des Sparens hat ausgedient. Was nun zählt, ist reale Substanz: Beteiligungen an Unternehmen, die auch in einer zinsfreien Welt Werte schaffen. Für weitsichtige Investoren ist das keine schlechte Nachricht, sondern eine Einladung, Kapital dort einzusetzen, wo es wirkt – und nicht dort, wo es verwahrt wird.